Grünes Stadtgespräch 28.8.: Bedroht das Internet die offene Gesellschaft?

  • Veröffentlicht am: 22. August 2017 - 12:04

roland_panter-0196.jpeg

Roland Panter (privat)

Roland Panter, hauptberuflich Digitalberater und Fachbuchautor, beschäftigt sich inzwischen seit über 15 Jahren professionell mit der Kommunikation im Internet und ist im Vorstand des Berufsverbands der Community Manager. Er berät Unternehmen und Organisationen bei Social Media und Unternehmenskommunikation und ist selbst intensiver Facebook-Nutzer – auch für seinen eigenen Wahlkampf. Das offene Dialogformat dient dem Austausch, um mehr über deren Sorgen und Nöte rund um das Informationsmedium Internet zu erfahren.

Herr Panter, wie bewerten Sie die aktuelle Diskussion rund um die Netzwerkplattform Facebook?

Die Diskussion führen wir im professionellen Kontext seit vielen Jahren. Ich persönlich sehe darin gleichermaßen Chancen und Risiken. Wir befinden uns derzeit in einer Phase des Übergangs, in der manche eher ungewollte Entwicklungen deutlich sichtbar werden. Um dem etwas entgegenzusetzen, benötigen wir am Ende eine höhere Medienkompetenz in der Gesellschaft. Die Internetnutzung, die veränderten Informationsströme und die Einflussnahme durch die vielen unterschiedlichen Interessensgruppen müssen wir als Gesellschaft besser üben, um damit wirklich gut umgehen zu können. Minister Maas versucht mit seinem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung im Internet) einen Hebel zu finden, um Hass und Hetze einen Riegel vorzuschieben. Ob das mit dem Gesetz in der verabschiedeten Form gelingen wird bezweifele ich allerdings.

Welche Entwicklungen werden sichtbar, was meinen Sie damit?

Darunter verstehe ich Themen, die uns dieser Tag mit Blick auf den Wahlkampf und das Thema Demokratie sehr bewegen. Da sind Falschinformationen, Fake News und „alternative Fakten“. Es gibt Gruppierungen, die über Hass, Angst und Bedrohung einen politischen Vorteil zu erlangen versuchen. Das verursachte in den vergangenen Monaten unter anderem eine ernst zu nehmende Vertrauenskrise in bestehende „Wahrheitsstrukturen“ – Behörden, Parlamente und Medien. Die Themen sind dabei vielfältig und transportieren oft Hass, Fremdenfeindlichkeit und Verschwörungstheorien. Zum Glück finden immer mehr Menschen heraus, wie sie Nachrichten auf deren Echtheit überprüfen können. Einen großen Dienst leistet da etwa der Faktencheck der Tagesschau im Internet.

Das bedeutet, dass viele gesellschaftliche Entwicklungen mit dem Internet in Verbindung stehen?

Das ist definitiv so. Nahezu jeder von uns hat diese Erfahrung schon gemacht. Wir haben auf der einen Seite technisch komplexe Strukturen wie beispielsweise Algorithmen, die Informationen für uns filtern. Auf der anderen Seite stehen schwer verständliche Themen, wie Datenschutz und Bürgerrechte, die außer Anwälten kaum jemand durchdringt. Aus den Medien erfahren wir dann auch noch, dass Menschen das Internet für illegale Dinge missbrauchen, beispielsweise rund um die schrecklichen Anschläge der letzten Zeit.

Das alles zusammen sorgt dafür, dass sich bei vielen Menschen ein Gefühl der Unsicherheit breitmacht. Dem muss Politik etwas entgegensetzen. Wir als Politiker müssen im gesellschaftlichen Auftrag und mit Blick auf gesellschaftlichen Nutzen das Internet besser organisieren. Wir müssen dafür sorgen, dass eben auch im Netz eine Rechtsdurchsetzung des deutschen, bzw. europäischen Rechts stattfindet.

Wir brauchen eine eigenständige, effektive Strafverfolgung im Netz. Am besten ohne die Privatheit der Kommunikation zu verletzen, darum drehte sich ja als Beispiel viel bei der NSA-Geheimdienstaffäre. Das ist nicht einfach und dafür brauchen wir viel mehr erfahrene und netzaffine Leute in Berlin in Regierungsverantwortung, als dass derzeit der Fall ist. Genau dafür trete ich als Experte bei den Grünen an und möchte mich für die Menschen hier vor Ort einsetzen.